Fünfunddreißig Jahre sind seit der friedlichen Revolution in Ostdeutschland vergangen, aber West- und Ostdeutsche scheinen sich immer noch uneins zu sein. Simon Cleven von t-online teilt seine Meinung.
Simon führt diesen Mangel an Einigkeit auf das schwindende Interesse auf beiden Seiten zurück.
Begriffe wie „Baseballschlägerjahre“, „Rostock-Lichtenhagen“ und „Hoyerswerda“ sind in den Medien wieder aufgetaucht.
Diese Begriffe erinnern an ein dunkles Kapitel der deutschen Geschichte: die 1990er Jahre, ein gerade wiedervereinigtes Deutschland auf der Suche nach einer gemeinsamen Identität.
Wahrnehmungen
Rechtsextremisten waren in dieser Zeit in Ostdeutschland besonders aktiv, nahmen Andersdenkende ins Visier und griffen Asylheime an.
Während der Europawahl in Sachsen überfielen rechtsextreme Jugendliche den SPD-Kandidaten Matthias Ecke.
Allein in Niedersachsen waren in diesem Jahr 49 Angriffe auf Politiker gemeldet worden. Solche Vorfälle waren nur Fußnoten in den Nachrichten.
Fast 34 Jahre nach der Wiedervereinigung hält sich in Deutschland das Stereotyp vom Verhalten der Ostdeutschen als rechtsradikale und gewalttätige Menschen hartnäckig.
Westdeutsche hingegen werden als offener und vielfältiger wahrgenommen.
Die Ursache dafür liegt in dem anhaltenden Mangel an Austausch zwischen den einst getrennten Regionen – und der daraus resultierenden gegenseitigen Gleichgültigkeit.
Vom „dunklen Deutschland“ zum „miserablen Ossi“
Der Satz mag wie ein Klischee klingen, aber er ist wahr: Viele tragen die mentalen Barrieren der Berliner Mauer noch immer in ihren Köpfen – sowohl im Osten als auch im Westen.
Simon wundert sich über diese Realität, denn seine eigene Perspektive war einst eine andere. Er wurde 1994, gleich nach der Wiedervereinigung, in Rostock geboren.
Er stammt aus Ostdeutschland, bezeichnet sich aber nicht als Ostdeutscher, sondern sieht sich als Bundesdeutscher.
„Die öffentliche Reaktion auf den gewalttätigen Angriff auf Ecke macht eines deutlich: Auch 35 Jahre nach der friedlichen Revolution und fast 34 Jahre nach der Wiedervereinigung sind in der deutschen Debatte immer noch die gleichen Reflexe und Vorurteile im Spiel“, sagt Simon.